Selbstregulation bei Kindern
Selbstregulation bedeutet, dass ein Kind seine Gefühle, Impulse und Handlungen zunehmend aus eigener Kraft steuern kann. Dazu gehört beispielsweise, Wut oder Enttäuschung auszuhalten, ohne sofort unkontrolliert zu reagieren, oder sich nach einer Aufregung wieder zu beruhigen. Im Vorschulalter ist diese Fähigkeit noch im Aufbau: Viele Kinder können ihre starken Emotionen noch nicht allein bändigen und brauchen Unterstützung von vertrauten Erwachsenen. Pädagogische Fachkräfte helfen den Kindern, schrittweise eigene Bewältigungsstrategien zu entwickeln – etwa indem sie Gefühle benennen, Alternativen zum impulsiven Verhalten aufzeigen und Sicherheit durch stabile Routinen bieten. Eine gute Selbstregulation bildet die Grundlage für ein harmonisches Miteinander in der Gruppe und bereitet Kinder auf die Anforderungen des Schulalltags vor.
In der Kita-Praxis zeigt sich die Förderung der Selbstregulation in vielen Alltagssituationen. Erzieher:innen greifen impulsive oder emotionale Momente der Kinder auf, ohne zu strafen, sondern um gemeinsam daraus zu lernen. Wichtig ist ein feinfühliges Gleichgewicht: Die Kinder dürfen Gefühle ausdrücken, lernen aber nach und nach, angemessene Wege damit umzugehen. Durch Rituale (z.B. Morgenkreis, Ruhephasen) und klare Regeln wissen die Kinder, was von ihnen erwartet wird – das gibt Halt und erleichtert es ihnen, das eigene Verhalten zu steuern. Auch das Vorbild der Erwachsenen spielt eine große Rolle: Wenn Fachkräfte in Stresssituationen ruhig und respektvoll bleiben, orientieren sich Kinder daran.
Praktische Beispiele zur Selbstregulation im Kita-Alltag:
- Gefühlekreis: In einem Morgenkreis wird regelmäßig darüber gesprochen, wie sich die Kinder fühlen. Dabei lernen schon die Jüngsten, ihre Emotionen zu benennen („Ich bin heute traurig, weil…“), was der erste Schritt ist, um sie selbst zu regulieren.
- Beruhigungstechniken: Wenn ein Kind weint oder wütend ist, zeigt die Erzieher:in einfache Methoden zum Beruhigen – zum Beispiel tiefes Ein- und Ausatmen, das Fühlen des eigenen Herzschlags oder das feste Umarmen eines Kuscheltieres.
- Warten üben: Beim gemeinsamen Händewaschen oder beim Austeilen des Essens lernen Kinder, nacheinander dran zu kommen. Die Fachkraft lobt die Geduld („Du hast toll gewartet!“) und stärkt so die Frustrationstoleranz.
- Alternativen zum Impuls: Ein Kind ärgert sich, weil es ein Spielzeug abgeben muss, und möchte hauen. Die Erzieher:in greift ein und zeigt dem Kind, wie es stattdessen seine Wut äußern kann (zum Beispiel stampfen oder laut „Ärger!“ rufen, statt jemanden zu verletzen).
- Rückzugsort anbieten: In der Gruppe gibt es eine gemütliche Lese- oder Kuschelecke. Merkt das Team, dass ein Kind überreizt ist, darf es sich dorthin zurückziehen, um in Ruhe wieder zur Balance zu finden.
- Gemeinsames Reflektieren: Nach emotional herausfordernden Situationen setzen sich die Erzieher:innen mit den Kindern zusammen und sprechen über das Erlebte. Dabei werden Gefühle benannt, und es wird besprochen, welche Strategien geholfen haben oder was beim nächsten Mal anders gemacht werden kann. Dies fördert das Bewusstsein für die eigenen Emotionen und stärkt die Selbstregulationskompetenzen.
- Bewegungspausen einbauen: Regelmäßige kleine Bewegungseinheiten, wie Tanzen, Dehnen oder einfache Yoga-Übungen, helfen den Kindern, überschüssige Energie abzubauen und Stress zu reduzieren. Körperliche Aktivität unterstützt die Regulation von Gefühlen und verbessert die Konzentrationsfähigkeit.
- Einsatz von Geschichten und Bilderbüchern: Durch das Vorlesen von Geschichten, in denen Figuren verschiedene Gefühle erleben und bewältigen, lernen Kinder, Emotionen besser zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Bilderbücher bieten zudem eine anschauliche Möglichkeit, komplexe Gefühle zu erklären.
- Förderung der Co-Regulation: Erzieher:innen unterstützen die Kinder aktiv dabei, ihre Emotionen zu regulieren – etwa durch beruhigende Worte, liebevolle Berührungen oder das gemeinsame Durchführen von Atemübungen. Diese Co-Regulation ist besonders wichtig für jüngere Kinder, deren Selbstregulationsfähigkeiten sich noch in der Entwicklung befinden.
- Klare und konsistente Regeln: Ein strukturierter Tagesablauf mit festen Regeln gibt den Kindern Sicherheit und Orientierung. Wenn sie wissen, was erwartet wird, fällt es ihnen leichter, ihr Verhalten zu steuern und sich in verschiedenen Situationen angemessen zu verhalten.
Diese vielfältigen Methoden und Angebote im Kita-Alltag schaffen einen Rahmen, in dem Kinder ihre Selbstregulationsfähigkeiten Schritt für Schritt entwickeln können. Dabei spielen sowohl die pädagogische Begleitung als auch das soziale Miteinander eine entscheidende Rolle, um Kinder auf die Herausforderungen des späteren Lebens, insbesondere den Übergang in die Schule, vorzubereiten.